Oft entspricht der Wortlaut eines Testaments nicht exakt dem, was die verstorbene Person wirklich wollte. In solchen Fällen hilft die juristische Testamentsauslegung dabei, den tatsächlichen Willen zu ermitteln.
Was bedeutet „Testamentsauslegung“ überhaupt?
Viele Menschen denken, dass ein Testament immer genau das bedeutet, was dort steht. Doch Sprache ist oft ungenau – und das gilt auch für Testamente. Gerichte müssen dann den wirklichen Willen herausfinden – also das, was sich der oder die Verstorbene gedacht hat, auch wenn es nicht perfekt formuliert wurde. Das nennt man Testamentsauslegung.
1. Einfaches Beispiel – Begriff falsch verwendet
Testament:
„Ich setze meinen Neffen Max als Alleinerben ein. Mein Sohn bekommt mein Konto.“
Problem:
Der Begriff Alleinerbe bedeutet eigentlich, dass Max alles bekommt. Aber wenn der Sohn das Konto bekommen soll – ist Max dann wirklich Alleinerbe?
Lösung:
Die Gerichte prüfen, was die Person wirklich wollte. Vielleicht meinte sie nur, dass Max das Haus und den Rest bekommt, das Konto aber dem Sohn gehören sollte.
2. Einfaches Beispiel – Umstände ändern sich
Testament:
„Ich vererbe mein Haus in der Lindenstraße 10 an meine Tochter.“
Tatsache:
Das Haus wurde später verkauft und ein neues gekauft.
Frage:
Sollte die Tochter nur dieses eine Haus bekommen – oder das jeweils aktuelle Wohnhaus?
Lösung:
Das Gericht berücksichtigt auch Gespräche, Briefe oder andere Hinweise. Wenn der Wille klar auf das Wohnhaus gerichtet war, bekommt die Tochter auch das neue Haus.
3. Beispiel – welche Personen umfasst die Formulierung “unsere Kinder”?
Testament:
“Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Der Überlebende ist mithin der alleinige Erbe. Erst nach dessen Tod soll der Nachlass zu gleichen Teilen an unsere Kinder fallen.”
Problem:
Kann das vorehelich geborene Kind eines Ehepartners auch ohne eheliche Abstammung unter die Formulierung “unsere Kinder” gefasst werden?
Lösung:
Ja, wenn der andere Ehepartner im Zeitpunkt der Errichtung zu dem Kind ein enges persönliches Verhältnis unterhalten und es emotional wie sein eigenes Kind betrachtet hat.
Warum ist das wichtig?
Ein falsch verstandenes Testament kann zu Streit in der Familie führen – und manchmal entscheidet sich alles an einem einzigen Satz. Unsere Kanzlei hilft Ihnen dabei:
• unklare Testamente rechtssicher auszulegen
• Streitigkeiten zu vermeiden oder zu lösen
• bereits vorhandene Testamente auf Verständlichkeit zu prüfen
Meine Empfehlung
Ein Testament sollte klar und eindeutig sein – aber wenn das nicht der Fall ist, kann eine rechtliche Auslegung helfen, den roten Faden im Willen des Verstorbenen zu finden.
Haben Sie ein Testament, das Ihnen unklar erscheint? Gibt es Streit? Sprechen Sie uns an – wir beraten Sie vertrauensvoll und kompetent.